Philosophieolympiade 2022 – Cosima Hoppe (4a) im Halbfinale

Es ist legitim anzunehmen, dass ein [politischer] Kandidat, der unsere Identität teilt, die soziale Position versteht, die wir einnehmen, den Widerstand, auf den wir stossen, und wie hartnäckig dieser Widerstand ist.” – Linda Alcoff, Why Do Social Identities Matter?

Das Verständnis zweier ähnlicher Identitäten  

von Cosima Hoppe

Was ist Identität? Der Duden beschreibt die Identität als «Echtheit einer Person oder Sache; völlige Übereinstimmung mit dem, was sie ist oder als was sie bezeichnet wird.» Das heisst, dass die Identität eines Menschen vollkommen vielseitig sein muss, da der Mensch an sich vielseitig ist und somit muss auch die völlige Übereinstimmung der jeweiligen Person vielschichtig sein. Sei es die Herkunft, die Persönlichkeit, der Glaube oder die Erfahrungen, welche eine Person erlebt hat. Die Identität macht einen Menschen aus und der Mensch macht die Identität aus, welche er oder sie besitzt. Während des Lebens widerfährt jeder Mensch neue und einzigartige Sachen, welche weiter die Identität jedes einzelnen prägen. Der Glaube kann sich ändern, er kann intensiver werden, aber die Person könnte auch abfallen. Durch die neuen Erfahrungen wird die Persönlichkeit sich ändern, ob bewusst oder unterbewusst. Die Identität ist eine sehr komplexe Sache, eine in sich verändernde Sache.  

Kann man aber eine Identität teilen? Durch die vielen Aspekte, welche die Identität, die Persönlichkeit, eines Menschen ausmachen, kann man keine völlige Übereinstimmung erzielen. Zwei Individuen können aber verschiedene Fragmente zweier Identitäten teilen, zum Beispiel die Herkunft, das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung. Da durch, dass aber die die Identität so vielschichtig ist und sie so viele Aspekte ausmacht, kann nie eine Übereinstimmung zweier Personen sein. Zum Beispiel eineiige Zwillinge, welche zusammen aufgewachsen sind, haben die gleiche Herkunft, das gleiche Geschlecht, meist die gleiche Bildung, jedoch haben sie immer noch zwei verschiedene Persönlichkeiten, zwei verschiedene sexuelle Orientierungen, verschiedene Erlebnisse, welche sie geprägt haben. Zwei Menschen, die nicht ähnlicher sein könnten, haben beide verschiedene Identitäten. Nicht nur durch die Komplexität, sondern auch durch die andauernde Veränderung des Selbst, kann keine Übereinstimmung erzielt werden, da immer neue Sachen dazu kommen, so zum Beispiel Erfahrungen, welche das Selbst ändern.  

Verstehen politische Kandidaten aber anhand der Übereinstimmung einzelner Aspekte der Identitäten die soziale Position, die man einnimmt, beziehungsweise den Widerstand auf denen man stösst? Zwei verschiedene Aspekte einer gleichen Identität schliessen einander nicht aus, jedoch können beide die politische Meinung oder die soziale Position und somit die soziale Stellung beeinflussen. Eine Frau zum Beispiel wird auf Widerstand stossen, wenn sie aber reich ist und keine Kinder hat, wird die Auflehnung geringer sein als eine arme Frau, welche drei Kinder allein erziehen muss. Die kinderlose Frau wird nicht durch das gleiche Geschlecht, die andere Frau verstehen können und ihren Widerstand. In dieser Situation erleben beide Frauen Widerstand aufgrund ihres Geschlechts, sei es im Beruf oder im sozialen Umfeld, aber eine erziehende Mutter wird aufgrund der Kinder, sei es wegen der Kinderbetreuung oder dem Haushalt, mehr Diskriminierung beziehungsweise Widerstand erleben als eine kinderlose Frau. Beide Frauen werden auf Grund ihres Geschlechts mehr als Männer benachteiligt, jedoch wird die eine Frau mehr und vor allem diskriminiert als die andere. Summa summarum werden versteht die kinderlose Frau den Widerstand der Mutter nicht, trotz des gleichen Aspekts der Identität, nämlich das weibliche Geschlecht.  

Nicht nur die Vielschichtigkeit eines einzelnen Selbst können zwei Identitäten nie geteilt werden, sondern auch durch die andauernde Veränderung. Aber selbst, wenn man Fragmente einer gleichen Identität teilt, werden die anderen Aspekte immer Einfluss auf das Selbst haben und somit das Verständnis auf Frund des geteilten Fragments mit der anderen Person beeinträchtigt werden. Nur, weil man zum Beispiel die gleiche Ethnie, das gleiche Geschlecht oder die gleiche Bildung wie ein politischer Kandidat hat, kann man nicht davon ausgehen, dass dieser Kandidat einen auf Grund dieser Gemeinsamkeit die soziale Position oder den Widerstand, den man erlebt, verstehen kann.  

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