In der Zwischenwelt von Malerei und Architektur

Praktikant Dr. Manuel Mayer über Funktion und Schönheit von Stuckelementen in der Einsiedler Klosterkirche

Man nehme Gips und Kalk und für die Farbgebung entsprechende Pigmente, vermenge sie und gestalte damit eine Vielzahl an möglichen Formen: Skulpturen, Ornamente und kleine Malereien. Die Kunst der Stuckatur war und ist eine vielfältige künstlerische Ausdrucksform.  In der Barockzeit galt sie als die ultima ratio, sie verband und überwand die Grenzen von Architektur und Malerei, schuf scheinbare und tatsächliche Übergänge zwischen Kuppeln und Gewölben, setzte durch die Farbgebung die Objekte vom Untergrund ab und akzentuierte wahlweise Dynamik oder Statik des Dargestellten. In Einsiedeln waren ganz konkret die Brüder Cosmas Damian und Egyd Quirin Asam die Meister dieses Fachs. Der eine, Maler und Architekt, der andere Stuckateur und Bildhauer, beide aufeinander eingespielt und miteinander arbeitend. Sie prägten die Einsiedler Kirche in so umfassender Weise, dass fast zu fragen ist, was denn in diesem Innenraum nicht Stuck ist. Selbst die vermeintlich steineren Säulen und Figuren sind letztlich barocke Gebilde; Stuck erstreckt sich über die gesamte Wand- und Deckenfläche.

Manuel Mayers Interesse zielt genau auf diese ab. Er schreibt Aufsätze zum Thema und las sich auch für die Lehrerführung in die entsprechende Literatur ein. Er hat den Blick für die Höhen und Tiefen der Gewölbe, die Gestaltung der Fenster oder Malerei, «die nach oben will» und Kuppeln, «die nach unten drücken». Am vorderen Gewölbe links neben der Weihnachtskuppel verweist er auf die Herausforderung einen Übergang zwischen dem Kirchenschiff und dem Altarraum zu gestalten. Die Pilaster, die ebenfalls aus Stuck gestalteten Säulenelemente, die scheinbar, aber eben nicht faktisch, die Kuppeln tragen, sind hier geneigt. Sie werden von der Kuppel vermeintlich niedergedrückt, «sie leiden» und senken ihre Häupter, sprich die Kapitelle. Ein gelungener Übergang? Mayer verbindet mit dieser Form eine theologische Perspektive: Das Leiden, das sichtbar gemacht wird, die Schwere, die niederdrückt. Architektur als Gebet also?

Ganz herzlichen Dank für die spannende Führung und so manchen neuen Blick-winkel!

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