Wo kommt eigentlich unser Znüni her?

Wir machen uns auf den Weg in die Kornhausstrasse, über den Klosterplatz und die Hauptstrasse hinunter und links ab in ein etwas weniger dicht besiedeltes Quartier von Einsiedeln. Hinter einigen mehrgeschossigen Wohnbauten und vorbei an einer kleinen Kapelle sind einige Gebäude eines Gewerbegebietes zu erkennen. Mittendrin: die Bäckerei Schefer. Das auffällige blau gelbe Logo ziert auch das Produktionsgebäude der grössten Bäckerei der Region. An der Fassade sind zudem Schwarz-Weiss-Fotos der Inhaberfamilie Schefer und der angestellten Fachkräfte zu sehen.  

Fotos von den neuen Sorten

An der Tür erwartet uns schon Raffael Schefer, die 3.Generation des Familienbetriebs. Seit 18 Jahren ist er im Betrieb beschäftigt und hat das Backhandwerk auch selbst gelernt. Im Obergeschoss beherbergt das Gebäude Büro- und Verwaltungsräume. Im Büro des Chefs ist eine kleine Fotostation aufgebaut – die neuen Brotsorten sollen für die neuen Broschüren fotografiert und den Kunden ansprechend präsentiert werden. Sehr trendig, denken wird. Ein professionelles Marketing spielt hier wohl eine grosse Rolle.

Brot ist nicht gleich Brot

Über Trends im Brotkonsum weiss Herr Schefer ebenfalls Bescheid. Einer ist „gesunde Ernährung“, bei Jugendlichen kommt aber zusätzlich noch der Wunsch nach möglichst hellem und/oder süssem Brot dazu. So setzt sich auch das Znüni für die Stiftsschule aus einer Mischung aus „besonders beliebten“ und „gesünderen“ Varianten zusammen. Konkret: Weissbrot, Zöpfbrötli und Kuchen mit geringerem Nährwert nebst vegetarisch belegten Mehrkornbrot, das auch satter macht. In manchen Jahreszeiten kommen noch Extras dazu: im Herbst Maronibrötchen oder im Dezember bald die Grittibänz. In den Kosten können diese etwas teureren Znüni durch die etwas günstigeren unbelegten Brötchen ausgeglichen werden.

Detailgenaue Vorbereitungen

Für jeden Tag hat das Schulsekretariat der Bäckerei präzise Angaben übermittelt. Über abwesende oder zusätzliche Schüler wird die Bäckerei informiert und die Klassenbox entsprechend mit einem Brötchen mehr oder weniger bestückt. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs ist die 6a auf Exkursion. Wir sind berührt, was man hier alles über unsere Schüler weiss. Verschwendung gilt es ebenfalls tunlichst zu vermeiden. Es wird schliesslich nur genau so viel in die Schule gebracht, wie auch Schüler da sind. Jede Klassenbox ist auch extra beschriftet; wird sie am Abend von der Klasse nicht in den Gang zur Abholung zurückgebracht, wird die Box am nächsten Tag auch nicht aufgefüllt.

Sauerteig, Urdinkel und 72h-Brot

Die Backstube befindet sich im Erdgeschoss und füllt fast die ganze Grundfläche aus. Riesige Rührgeräte stehen neben mannshohen Waagen mit Digitalanzeigen, Getreidesäcke stapeln sich in 25kg-Säcken übereinander. „Täglich verwenden wir eine Tonne Mehl“, erzählt der Firmeninhaber. Fast schon industrielle Grössenordnungen könnte man als Laie meinen und doch erstaunt die handwerkliche Sorgfalt, die hier an den Tag gelegt wird. So kommt etwa 100% Schweizer Mehl zum Einsatz, Urdinkelmehl zum Teil sogar vom Sihlsee. Als Verteiler fungiert die Grotzemühle in Einsiedeln; „der Schefer“ ist der grösste Abnehmer. Der Bezug von Urdinkelmehl ist auch nur so möglich, denn Urdinkel darf laut Produktionsrichtlinien nur in einem bestimmten Abstand zu einer Mühle angebaut werden. Urdinkel ist bei gesundheitsbewussten Kunden besonders beliebt. Dieses Brot eignet sich für alle, „die sonst kein Brot vertragen“, so Herr Schefer, ebenso wie das Sauerteigbrot, das aus Mutterhefe selbst zubereitet wird. Auch das 72h-Brot entstand aus diesen Überlegungen heraus: Brot, das drei Tage lang Zeit hatte aufzugehen, braucht nur einen Bruchteil an Hefe, ist verträglicher und kann länger gelagert werden. „Solche Qualiätsansprüche kann die Industrie nicht erfüllen“, so der Juniorchef glaubwürdig. Die mittlere Grösse des Unternehmens bietet auch regional mehr Spielraum. So kann Herr Schefer etwa Eier aus Trachslau beziehen, die etwas kleiner als die industrielle „Normgrösse“ sind und so regional sinnvoll eingesetzt werden können. Für industriellen Bäckereien wäre das gar nicht möglich, weil sie auf normierte Qualität für standardisierte Verfahren angewiesen sind.

Aus der Backstube direkt in die Schule

Und wann beginnt der Tag eines Bäckers? Tatsächlich beginnt die erste Schicht in der Backstube um Mitternacht, die nächsten kommen um 2h, die dritte Schicht um 5h am Morgen. Das Znüni für die Stiftsschule wird so täglich frisch zubereitet. Bei den Pizza- Pausensnacks achte man noch zusätzlich darauf, dass sie bei der Lieferung noch etwas warm sind, also möglichst spät fertig gestellt werden. 550 Spezialbrote entstehen so täglich in der hauseigenen Backstube. Am Morgen stehen dann die Lieferwagen bereit und füllen die Bestände in den Läden und in der Stiftsschule auf. Nach sechs Jahren Schulzeit ist das für so manchen Schüler auch eine prägende kulinarische Erfahrung. Ein schon erwachsener Schüler erzählte noch bei seiner Hochzeit vom „Schefer-Znüni“.

Lieferanten, Produzenten und Konsumenten in nächster Nähe

Und was ist der Chef am liebsten? „Das Basler-Brot“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Das aussen knusprige und innen weiche Kantonsbrot hat Herr Schefer Senior schon vor Jahrzehnten in das Sortiment aufgenommen und wird bis heute angeboten. Die Wertschätzung für die Vorfahren im Unternehmen ist deutlich zu spüren, genauso wie auch eine Wertschätzung für Regionalität.

Wir sind positiv überrascht – so viel Professionalität im Umgang mit regionalen Ressourcen, der Organisation von Arbeitsabläufen und einem Bewusstsein für Kundenbedürfnisse hätten wir nicht erwartet. Dass mit der Grotzemühle zudem ein regionaler Partner mit im Boot ist und wir als Stiftsschule nur 1,2km von der Produktion entfernt das fertige Znüni beziehen können, ist mehr als erfreulich. Mit dem Wissen um diese Hintergründe erscheint einem der Biss ins tägliche Znüni noch einmal mehr etwas Besonderes zu sein.

Maria Egartner

Idee : Francesco De Vecchi, Fotos: Maria Egartner

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