Der Recycling-Report

von Francesco De Vecchi

In der Schweiz recycelt man angeblich viel, heisst es. Stimmt das überhaupt im konkreten Alltag? Im Rahmen meiner Teilhabe an der «Nachhaltigkeitsgruppe» will ich wissen, was mit dem Abfall passiert, den ich täglich an der lieben Stiftsschule ‚produziere‘, wie man sagt. Also habe ich ein paar klassische Abfallgegenstände genommen – einen Apfelresten, eine Blechdose, Karton, Photokopien und das plastifizierte Papier, in dem Kopierpapier eingewickelt ist. Damit habe ich mich an Florian Fuchs gewendet, der seit zwei Jahren Teil unseres Hauswartsteams ist. 

Wohin kommt eigentlich unser Abfall?

Erstaunlich schnell war alles verschwunden, nämlich noch am Bernhardsplatz, wo wir uns trafen (Gangkreuzung Museen/Musikhaus/Mensa, wo der längste Aufzug des Klosters ist). Das ist der häufigste Abfall, er muss vor Ort entsorgt werden können. Nicht jeder hat die Geduld, das Ding zur nächsten Recyclingstation zu tragen. Davon kann sich jeder mit einem Blick in den Abfalleimer des nächsten Klassenzimmers – aber auch des Lehrerzimmers – überzeugen.  

Ein eigener Raum für die verschiedenen Recycling-Wertstoffe

Die Dose geht in den Alu-Kontainer, der Abfall direkt in den allgemeinen Müll; Papier und Karton kommen ins Zimmer, wo die Znüniboxen ausgegeben werden. Die bisweilen gemunkelte Vermutung, dass an der Stiftsschule «alles in den grossen Container» beim Raucherplatz wandere, stimmt also nicht.  

Warum wird der Apfel nicht in einen Kompost-Eimer gegeben? Einwenig organische Abfälle und Papier braucht es im allgemeinen Müll. Denn das ist Verbrennungsabfall, und damit die Verbrennung die benötigten hohen Temperaturen von tausend Grad erreicht, wird ohnedies klassischer verbrennbarer Abfall dazugegeben. «Aber natürlich haben wir ein noch viel detaillierteres Recyclingssystem,» sagt Florian und nimmt mich mit auf seine ein- oder zweimalwöchentliche Tour mit dem kleinen Handwagen.  

Mit dem Handwagen zum Recyclingraum

Darauf erkenne ich gleich etwas auffälliges: Putzlumpen. Aber natürlich! «Auch das ist Teil eines Recyclingprozesses: Ich bringe sie in die Wäscherei und hole frische Lumpen zurück.» Los gehts, am alten Kapitelsaal vorbei durch den frühlingshaften Herrengarten, hinüber zu den Werkstätten. Wenn man den Abfall-Blick entwickelt, fallen einem die Anhänger sogleich ins Auge, deren Existenz mir nicht bewusst war, obgleich ich schon manches mal dort zu tun hatte. 

Inert-Stoffe wie Ton, Ziegel und Bauschutt werden entweder deponiert oder zermahlen und als Füllstoff zu Baumaterialien gemengt. 

Es macht Sinn, dass Abfall zentral bei den Werkstätten gesammelt wird. Da befinden sich Inertstoffe, Stein-, Eisencontainer, ein Presscontainer für Karton. «Manchmal kommen Leute mit ihrem Auto hierher und laden ihren Müll hier ab. Das ist natürlich nicht erlaubt,» erklärt Florian. Man musste einschreiten und die Container mit einem Schloss abschliessen. Schliesslich ist das Kloster ja kein öffentlicher Abfallplatz, dazu gibt es als regionales Entsorgungszentrum die Firma Steinauer Recycling & Umweltservice in der Umfahrungsstrasse 10 und manche mehr (über den QR-Code einsehbar). «Immer seltener aber finden wir morgens Abfallsäcke im Hof.»

Eine unscheinbare, abgeschlossene Holztür aber führt zum Recycling-Heiligtum, wenn man das so in einem Kloster sagen darf: Ein Raum voller Bidons, Kisten, Kästen, Kartons, in denen so ziemlich alles deponiert werden kann, wovon man nicht einmal wusste, dass das gesammelt wird: Kerzennäpfli, Kabel, Elektroschrott. Leuchtmittel, nach Gattung sortiert. Edelmetalle, aus denen bspw. Wasserarmaturen zusammengesetzt sind. Kupfer natürlich. Bleche. Batterien. Verschiedene getrennte Kunststoffe. Ich bin beeindruckt. 

Mir ist bewusst geworden, dass eine Gesellschaft zwei Arten des Umganges mit Rohstoffen aufweist: Nicht nur die in Produktion und Konsum benötigten und verwendeten Rohstoffe; sondern auch die Rohstoffe, die wir als Abfall bezeichnen; gewissermassen die Ausscheidungen. Wir leben in einer Konsumgesellschaft; das bedeutet, dass wir ebensoviel kaufen, wie wir wieder wegwerfen, was wir hernach wieder kaufen. Der Ausdruck «Müll» bezeichnet also nur einen temporären Zustand einer Ware, die nach ihrem Vermarkungsprozess wieder vor ihrem Reproduktionsprozess steckt. Nicht nur in Produktion sind Umwelt- und Qualitätsstandards wichtig, auch in der Entsorgung könnte es ein Prinzip der Fairness geben: Achten wir darauf, dass wir unseren Müll so entsorgen, dass er uns wieder zur Verfügung steht. 

Etymologische Note: Müll ist ein nieder- (also nord-)deutsches Wort, das ursprünglich Staub bedeutet und mit Mahlen verwandt ist; etwas Zerkleinertes, Zerstossenes, Abgenutztes.

Kehricht und Abfall sind durchsichtiger: Kehricht kommt von kehren (fegen), und bezeichnet das, was am Boden zusammengekehrt worden ist, den Kehricht eben; Abfall ist das, was ab und an abfällt. 

Link zu den Entsorgungsstationen in und um Einsiedeln:

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