World Wide Prison

Vom erfolglosen Versuch, für zwei Wochen dem Internet zu entfliehen

Das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Viele gehen nicht mehr ohne ihr Smartphone aus dem Haus. Und auch ich brauche das Internet und meinen Computer eher häufig. Manchmal auch mit schlechtem Gewissen. Statt auf Wikipedia Artikel über Skandale und Ereignisse zu lesen, von denen man noch nie gehört hat und über die man auch nie mehr etwas hören wird, könnte man ja auch Sport treiben oder sich für die Gesellschaft engagieren. Irgendwann kam mir deshalb der Gedanke, ich könnte die Weihnachtsferien ohne Computer, Smartphone und Internet verbringen. Der Plan schien perfekt: Da wir sowieso für fast zwei Wochen in ein Bergdorf verreisen würden, würde ich dann meinen Computer und mein Handy einfach zuhause lassen. So hätte ich – nicht einmal wenn ich wollte – davon Gebrauch machen können. Ich war mir eigentlich schon sicher, dass ich diesen Plan so durchführen werde. Bis Heiligabend. Da bekam ich unter anderem «Arsenal», ein Gerät, mit welchem man seinen Fotoapparat über ein Handy bedienen kann. Natürlich war klar, dass ich dieses Geschenk ausprobieren musste – und da wir bereits am 25. Dezember verreisten, hatte ich ja fast keine andere Wahl, als mein Handy doch in die Ferien mitzunehmen. Ich würde also mein Handy in die Ferien mitnehmen, dieses dort jedoch nicht mit dem Internet verbinden, eine abgeschwächte Variante meines ursprünglichen Planes sozusagen.

Doch das war noch nicht alles. Ich bekam dazu auch eine Ukulele. Und diese ist ohne Musiknoten und Grifftabellen ziemlich schwierig zu erlernen. Und wo findet man diese? Im Internet. Da es ausserdem angenehmer ist, die Noten vom Computer abzulesen statt vom kleinen Bildschirm des Smartphones, musste ich also nun auch meinen Laptop mitnehmen – und diesen in den Ferien mit dem Internet verbinden. Mein Plan, eineinhalb Wochen ohne Internet zu leben, war somit schon geplatzt, bevor ich überhaupt anfangen konnte, es zu versuchen.

Am nächsten Tag ging es auf in die Ferien. Ich war zwar etwas enttäuscht, dass ich meinen Vorsatz schon so früh aufgeben musste, nahm mir jetzt jedoch einfach vor, das Internet nur für das Allerallernötigste zu brauchen – und nur auf dem Laptop, nicht aber auf dem Handy. Dieser Plan funktionierte immerhin etwa zwei Tage. Dann nämlich bekamen meine Schwester und ich Tourenskis – eigentlich ja eine ganz analoge Sache. Doch natürlich kann man Touren nicht einfach ohne Vorbereitung machen – also schaute ich auch das Wetter und das Lawinenbulletin auf meinem Laptop nach. Unterdessen musste man die Software von Arsenal, dem Foto-Zubehör, auf dem Handy aktualisieren. Das ging nur mit Internet. Sobald ich mein Handy mit dem WLAN verband, kamen auch schon dutzende Benachrichtigungen von WhatsApp über neue Nachrichten – welche ich dann nicht unbeantwortet lassen konnte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war mein Plan vollkommen ruiniert. Statt keinem Handy und keinem Computer hatte ich nun ein Handy und ein Laptop, beides mit dem Internet verbunden, auf welchen ich nicht nur die allernötigsten Dinge machte. In diesem Stil ging es weiter. Hier ein Hörspiel herunterladen, da ein YouTube-Video schauen oder das Schulnetz auf neue Noten überprüfen.

In den letzten Tagen der Ferien begann mein Handy dann plötzlich damit, dass es sich nicht mehr ausschalten liess. Stundenlang, nächtelang blieb die Anzeige auf «Ausschalten», dazu ein Rädchen, das sich ununterbrochen drehte. Es mag einfach ein zufälliger technischer Defekt sein. Es fühlte sich aber so an, als würde mein Handy insgeheim über mich lachen. 

Text und Illustration: Valentin Müller, 3b

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