Zelten in Grönland

Vortrag von Dr. Martin Lüthi/UZH im Rahmen der Ausstellung «Gletschertour» des EF Geografie

8.6.2020: Der Corona-Krise zum Trotz – Das EF Geografie mit Florentin Bucher als Leiter der motivierten Schülermannschaft liess es sich auch in Krisenzeiten nicht nehmen, eine Ausstellung zum Thema «Faszination Gletscher» in der Gartenhalle anzubieten – freilich bei Gewährleistung aller Sicherheitsvorkehrungen.

Insgesamt neun Klassen kamen so in den Genuss eines überaus interessanten Ausstellungsbesuchs. Die 1. Klässler informierten sich etwa über die vielfältigen Funktionen des Gletschers hinsichtlich der (Trink)wasserspeicherung, über historische und gegenwärtige Ausrüstungsgegenstände für eine Gletscherwanderung und nicht zuletzt über die Anfänge des Schweizer Bergtourismus, der unter anderem mit der Besteigung des Jungfraujoch 1811 und des Matterhorn 1865 seinen Anfang nahm.

Und auch auf einen Hinweis auf die bedrohlichen Ausmasse der Gletscherschmelze darf in so einer Ausstellung freilich nicht verzichtet werden. Dass stellenweise Gletscherflächen in den Alpen mit Vlies abgedeckt werden, ist angesichts der globalen Dimension des Problems dabei nur ein sehr beschränkter Lösungsansatz.

Ein besonderes Highlight bot sich der 3c schliesslich am 8.6. in der Gartenhalle. Dr. Martin Lüthi, Glaziologe am Institut für Geografie der Uni Zürich, informierte im Rahmen eines Vortrags über seine Forschungstätigkeit, insbesonders auch über seine Exkursionen in die Gletscherlandschaft Grönlands. Sein besonderes Interessensgebiet ist dabei die Dynamik der Gletscher, also die Geschwindigkeit, mit der Gletscher fliessen. Und diese nimmt mit der Klimaerwärmung zu! Einerseits steigen die Niederschläge im grönländischen Nährgebiet des Gletschers, andererseits kommt es gehäuft zu Gletscherabbrüchen («Kalbungs-Ereignis» genannt), die im angrenzenden Ozean zu weltweit messbaren Tsunami-Ereignissen führen. Die Forschungsexpeditionen sind dabei zeit- und kostenaufwändig: So mussten auch schon mal 8 Tonnen Material im Wert von 1 Million Franken zum Jakobshavn Isbræ in Grönland transportiert werden, um anschliessend den Gletscher mit 80 Grad heissem Wasser bis auf eine Tiefe von 600 Meter zu durchbohren. Anschliessend wurden über das gesamte Bohrloch Sonden gesetzt, wodurch eine sehr hohe Fliessbewegung am Grund des Eispanzers festgestellt werden konnte.

Die Forscher selbst lebten dabei vergleichsweise bescheiden: Sie zelteten gemeinsam mit ihren amerikanischen Kollegen am grönländischen Eis und musste einzig ihre Zelte zeitweise versetzen, um der Bildung von Gletschertischen und dem daraus folgenden Umkippen ihrer Zelte zuvorzukommen.

Eindrücklich waren nicht zuletzt die aus Satelliten- und Radardaten rekonstruierten Modelle über die Bedeckung Europas in der letzten Eiszeit «Die Erde vor 26 000 Jahren», die Rekonstruktion der Schweizer Gletscher während der Eiszeit und die Darstellung zur Dynamik der grönländischen Gletscher, die je nach Lage ganz unterschiedlich sein kann. Satellitendaten ermöglichen hier eine ganz neue Qualität an Daten.

Doch auch wenn der ETH-Forscher heute zunehmend mit Datenauswertung und Berechnungen «im Büro» beschäftigt und von neuen digitalen Vermessungsmethoden begeistert ist – «immer mehr geht remote» – so steht für ihn eines fest: «Ich gehe immer noch gerne ins Feld. Man muss auch vor Ort sein, spüren und sehen, worum es geht.»

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