Das Segelabenteuer Leben

von Jael Inauen, 6a

«Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.» So lautet ein Zitat, dessen Quelle nicht näher bekannt ist. Mit einer Seefahrtmetapher wird versucht, einen Rat für schwierige Situationen im Leben zu geben und wie man damit umzugehen hat.

Das Leben ist nicht immer einfach. Viele würden sogar behaupten, das Leben sei durchweg negativ, mit kleinen Lichtblicken des Glückes dazwischen. Auch mit einer optimistischeren Einstellung zum Leben kommt man nicht um schwierige Ereignisse herum. Tod, Krankheit oder Betrug werden wie auch vieles mehr bei allen Menschen im Leben auftauchen. Damit ist im Zitat der Wind gemeint, dass Schmerz oder Probleme uns im Leben erwarten, ist schlichtweg nicht änderbar. Man kann es minimieren, aber vieles liegt einfach ausserhalb jeglicher Kontrolle eines Menschen. Man kann von Glück oder Pech sprechen, Schicksal oder Zufall, was kommt, ist immer mit Leiden oder Anstrengung verbunden.

Was bringt ein Leben, wenn ich bestenfalls doch nur alt und krank werde?

Mit einer solchen Realisation ist es nun sehr leicht zu verzweifeln. Was bringt es mir denn, wenn ich nur zu diesen Zeitpunkt glücklich bin? Was bringt ein Leben, wenn ich bestenfalls doch nur alt und krank werde? Hat das Leben überhaupt irgendeinen Sinn? Die Lösung aus solchen gedanklichen Abgründen fanden schon die alten Griechen, in der Form des Stoizismus. Ein wichtiger Leitsatz der Stoiker ist unter anderem, sich über seine eigenen Kapazitäten bewusst zu werden, was unter der eigenen Kontrolle steht und was nicht. Ist ein bestimmtes Problem beeinflussbar, soll das möglichste getan werden, es zu lösen. Wenn aber alles ausserhalb der persönlichen Macht steht, wird gefordert, es loszulassen und zu akzeptieren. Gepaart ist diese Lebensphilosophie mit kontinuierlicher Selbstverbesserung und Selbstreflektion. Stoizismus ist an sich eine sehr wünschenswerte Haltung zum Leben, da es dazu führt, sich geistig sowie körperlich stets weiterzuentwickeln, während man eine gewisse Gelassenheit beibehält.

Die Segel anders setzen

So sollte «die Segel anders setzen» verstanden werden. Wir können zwar nicht immer steuern, was uns widerfährt, aber wir haben unsere Reaktion darauf vollkommen im Griff. Stoizismus jedoch ist für viele Menschen noch  kein ausreichender Weg, seine Segel anders zu setzen. Denn oft bedarf es sehr viel Kraft, oder fast Abstumpfung, alle externen Leiderfahrungen gleichmütig zu akzeptieren. Nie können Eltern für das Dahinscheiden ihres krebskranken Kindes etwas, niemand ist verantwortlich für einen Tsunami, oder, aus aktueller Sicht, für das Coronavirus. Trotzdem lösen solche Erfahrungen immensen Schmerz aus, sodass es fast nicht möglich ist, es mit Verweis auf die eigenen Schuldlosigkeit gleichgültig von sich zu weisen. Trauer, Zorn und Hoffnungslosigkeit sind oft sehr natürliche und normale Reaktionen auf Lebenskatastrophen.

Gibt es also überhaupt eine ideale Einstellung zum Leben und dem Umgang mit Leiderfahrungen? Das Wort ideal hier zu verwenden wäre überambitioniert, aber es gibt sicherlich ein paar sehr nützliche Ansätze, die es für eine gute Perspektive zu haben gilt. So kann der Stoizismus mit seiner radikalen Akzeptanz schon angewendet werden, falls es sich um kleinere, banalere Geschehnisse handelt. Hier eine gelassenere Einstellung zu haben, wird zu weniger Stress und somit zu mehr Gesundheit und Entspannung führen. Auch kann man sich darauf konzentrieren, was man selbst beeinflussen kann, unermüdlich an sich selbst zu arbeiten und dadurch auch selbstbewusster und glücklicher werden.

Noch vorteilhafter ist es, aus unangenehmen Ereignissen zu lernen. Man wird vor Probleme gestellt, die eine völlig neue Herangehensweise oder unbekannte Fähigkeiten benötigen, und eine Weiterentwicklung geschieht meistens ausserhalb von Komfortzonen. Wenn man sich dies also im Hinterkopf behält und einige Probleme auch als Hürden, die es mit Enthusiasmus zu überwinden gilt, ansieht, kann man seine Eigenerfahrung vom Leben von grundauf ändern.

Natürlich ist dies um einiges schwerer bei katastrophalen Ereignissen, wo eine sehr heftige negative Reaktion, wie schon erwähnt, oft natürlich ist. Dort gibt es leider kein Grundrezept zu Problembewältigung, wichtig ist nur, wieder aus diesem emotionalen, bedrückenden Abgrund hinauszukommen. Man durchläuft oft vielschichtige Emotionen dabei, Zorn, Trauer, Depression und schliesslich aber auch die Akzeptanz. Man sollte sich diese Zeit geben, jene Gefühlslagen zu durchlaufen, mit der Voraussetzung, dass diese Zeit nicht ewig anhält. Oft helfen einem Freunde , Familie oder psychologische Hilfe durch solche Ereignisse, es hilft also, sich ein stabiles Umfeld aufzubauen und sich auch auf dieses verlassen zu können.

Es braucht oft auch Mut

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass konstanter Pessimismus und eine trübselige Einstellung auch mit einer gewissen Feigheit verbunden ist. Es braucht oft Mut, sich optimistisch einem kommenden Sturm entgegenzustellen, wissend, dass das, was kommt nicht einfach sein wird, aber bereit, es auf sich zu nehmen und als stärkerer Mensch wieder herauskommen wird. Es braucht Mut, auch in den schlimmsten Situationen seines Lebens noch ein Lächeln hervorbringen zu können. Die echte Niederlage kommt erst, wenn man verzweifelt aufgibt.

Nicht jeder kommende Wind ist ein gefährlicher, der uns komplett vom Weg abbringen wird, manchmal fordert er auch unsere Segelkenntnisse heraus, bringt uns neue Dinge bei oder lässt uns im Auge des Sturms einen vollkommen neuen Weg oder eine unbekannte Wahrheit entdecken. Und falls die Segel einmal doch fernab vom Weg zerissen werden, sollte man sich genug Zeit nehmen, sie wieder zusammenzunähen und dann standhaft weiterzufahren.

Ein Gedanke zu „Das Segelabenteuer Leben

  • März 30, 2021 um 08:26
    Permalink

    Liebe Jael
    Danke dir vielmals für deine wertvollen Gedanken.
    P. Cyrill

    Antwort

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